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Künstliche Intelligenz im trauten Heim: Smarter Mitbewohner

Ein Smart Home soll Wohnqualität, Sicherheit und Energieeffizienz verbessern. Noch wollen aber nicht alle künstliche Intelligenz in ihre eigenen vier Wände einziehen lassen.

Intelligente Systeme sind stark nachgefragt.
Intelligente Systeme sind stark nachgefragt.
Smarte Systeme müssen miteinander kommunizieren können.
Smarte Systeme müssen miteinander kommunizieren können.

Zwei Drittel aller österreichischen Haushalte haben laut Statistik Austria zumindest ein intelligentes Unterhaltungsgerät im Einsatz, also Smart-TVs, Spielkonsolen, Audiosysteme. Alexa und Siri können Sprache erkennen, verarbeiten und Befehle ausführen. Sie öffnen Türen, regulieren die Heizung, spielen Musik, geben Wetterprognosen ab und dimmen das Licht. Die Geräte sind nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was mit künstlicher Intelligenz (KI) im trauten Heim noch alles möglich ist.

Wohnen mit KI

In vielen neu errichteten Häusern sind inzwischen Rundum-Versorgungssysteme eingezogen, welche die gesamte Haustechnik automatisiert und dezentral steuern - auf Wunsch auch aus der Ferne. Das Smart Home entwickelt sich von einer Technikspielerei zu einem Managementsystem für die gesamte Energie-, Haushalts- und Sicherheitstechnik. Der Wiener Elektro- und Haustechnikanbieter Siblik setzte bereits vor zehn Jahren auf Smart-Home-Technologie. Heute macht das Unternehmen rund 30 Prozent seines Umsatzes mit intelligenten Bussystemen (Binary Unit Systems), die innerhalb des Home-Netzwerks die Kommunikation zwischen einzelnen Komponenten regeln. Geschäftsführer Norbert Ahammer empfiehlt Häuslbauern, die noch schwanken, was alles im neuen Heim smart sein soll, in jedem Fall ein Bussystem einbauen zu lassen, damit später nachgerüstet werden kann. Er geht von rund 70 Euro Mehrkosten pro Quadratmeter aus. Das sind bei 100 Quadratmetern Wohnfläche also 7000 Euro. Wozu der Aufwand? Die Grundannahme ist, dass künstliche Intelligenz unseren Wohnraum in Zukunft besser regeln kann als wir Menschen. Wir verbrauchen oft mehr Wärmeenergie als nötig, weil wir aus Gewohnheit oder ohne Rücksicht auf die Wetterentwicklung am aktuellen Tag die Heizung hinaufdrehen. Künstliche Intelligenz bezieht unzählige relevante Daten in ihre Entscheidungen ein, wird schon viel früher selbstständig aktiv und sorgt so für einen sparsameren Betrieb. Die Bereiche Sanitär, Heizung, Elektrotechnik rücken immer weiter zusammen, um das Leben energieeffizient und komfortabel zu machen. Angesichts der aktuell wieder steigenden Energiekosten ist das ein sehr wichtiges Thema. Nicht ohne Grund sind die hochkomplexen Steuerungssysteme für die Haustechnik also ein Wachstumsmarkt. Ihr Anteil hat sich von 2020 bis 2022 fast verdoppelt: von 12 auf 21 Prozent. Ahammer kann diese Marktentwicklung anhand der Umsatzzahlen bei Siblik nachvollziehen: "Bei uns stagniert der Absatz bei klassischen Eingangstechnologien wie Licht- und Steckdosensteuerungen oder Beschattungssystemen. Das Wachstum kommt heute fast ausschließlich aus intelligenten Komponenten."

"Unzählige Systeme werden als "smart" angeboten."
Norbert Ahammer
GF Siblik


Smarte Behaglichkeit

Was können diese Komponenten? Sie steuern Heizung und Kühlung mithilfe einer Wetterstation am Dach und Temperaturfühlern in den Räumen, die Lüftung auf Basis von Feuchtigkeits- und CO₂-Sensoren, die Jalousien und das künstliche Licht mit Lichtsensoren und Bewegungsmeldern.

Auch unsere Lebensgewohnheiten fließen in die Steuerung mit ein. Etwa die Zeiten, in denen wir 24 Grad im Bad haben möchten oder nur 18 Grad in den Wohnräumen, weil niemand zu Hause ist. Außerdem können Smart Homes einiges für die Sicherheit ihrer Bewohner tun: beispielsweise bei Stromausfall automatisch einen Akku aktivieren - oder bei einem Einbruch, Brand oder Haushaltsunfall den Alarm auslösen. Und zwar oft schneller und verlässlicher, als das die Bewohner können.

Im Westen viel Smartes

Siblik-Geschäftsführer Norbert Ahammer sieht ein West-Ost-Gefälle bei Smart Homes: Im Westen gebe es eine eindeutig höhere Durchdringung mit Bussystemen, "aus unserer Sicht stark getrieben durch den Tourismus. Hotels der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie haben in den vergangenen Jahren stark in ein komfortables Wohnerlebnis und modernere Gebäudetechnik investiert. Das ist auch in den privaten Bereich übergeschwappt. Wir haben mittlerweile ein sehr hohes Level in Vorarlberg, Tirol und Salzburg." Einen deutlichen Schub hat auch die Entwicklung bei Photovoltaik und Elektromobilität gebracht. Weil der meiste Strom tagsüber erzeugt wird, wenn niemand zu Hause ist, sind intelligente Systeme gefragt, die den Eigenverbrauch optimal steuern. Die größte Hürde bei der Weiterentwicklung von smarter Technologie ist die Beharrlichkeit, mit der die gesamte Elektrobranche an Gewohntem hängt, sagt Norbert Ahammer: "Wir sind eine konservative Branche mit Berührungsängsten zu neuen Technologien. Teilweise wissen Konsumenten über moderne Technologien besser Bescheid als mancher Fachbetrieb. Gleichzeitig ist bei den Kunden und Kundinnen sehr viel Verunsicherung vorhanden, weil unzählige Systeme als ,smart' angeboten werden, mit denen dann schlechte Erfahrungen gemacht werden. Das stellt dann oft eine ganze Technologie infrage."

Sicher kommunizieren

Tatsächlich sind noch einige Fragen offen. Bis dato entwickelten die Hersteller ihre jeweils eigene Plattform. Das heißt, es gibt viele verschiedene smarte Systeme auf dem Markt, die nicht miteinander kommunizieren können. Könnten sie es, würde das Probleme mit der Datensicherheit mit sich bringen, ist sich Norbert Ahammer sicher. "Teilweise ist ja durch Smartphones bereits jeder unserer Schritte nachvollziehbar. Im privaten Wohnbereich fühlen wir uns noch relativ sicher. Aber die wenigsten Menschen wollen ihre persönlichen Daten in irgendeiner Cloud wiederfinden. Wir setzen da als Alternative auf intelligente Bussysteme mit einem herstellerunabhängigen Standard, über den alle Komponenten in unserem Sortiment garantiert miteinander kommunizieren können. Die Programmierung wird genau auf die jeweiligen Ansprüche abgestimmt, der Server und alle Daten bleiben sicher in den eigenen vier Wänden."